Der Grundgedanke
Den ersten Kontakt hatten wir mit einer Bluttransfusion bei einem schwer erkrankten Hund, dessen Überleben auch mit dieser
Transfusion zusammenhing. Erst nach diesem Erlebnis fragte ich mich, wer wohl der Spender gewesen war - und wie er dazu gekommen ist. Man macht sich so viele
Gedanken um seinen Hund - das richtige Zeckenmittel, die Futterfrage, kleinere oder grössere Blessuren - der tägliche Kleinkram, der so manchen zum Wahnsinn bringt, wenn der Hund eigentlich gesund ist und man
sich nicht wirklich sorgen muss. Aber wenn der wirkliche Notfall da ist, kann einem echt die Luft wegbleiben. Nach meiner jetzigen Erfahrung weiss ich,
dass es unglaublich schnell ernst werden kann, und dann bleibt vielleicht nicht mehr viel Zeit. Unfälle, Vergiftungen, Allergien, Autoimmunerkrankungen
und vieles andere mehr, von denen man noch nicht einmal gewusst hat, dass es existiert, bedrohen von jetzt auf gleich das Leben des Hundes. In so einem Fall kann eine Bluttransfusion
das Leben retten.
Aha ?!
Sie könnten sich jetzt sagen, die hat ´n Rad ab (würd mich auch nicht wundern). Oder Sie finden das Ganze nicht ganz so uninteressant. Im letzteren Fall können Sie es nun
wie ich machen und als erstes die Leute nerven, von denen Sie annehmen, sie wüssten was. Und nach geraumer Zeit
kommen Sie dann an die gewünschten Stellen, die sich dann auch noch richtig freuen, dass Sie sich und Ihren Hund zur Verfügung stellen möchten. Falls
Sie sich einfach noch nicht sicher genug sind, können Sie sich ja den Rest dieser Seite auch noch durchlesen - vielleicht hilft Ihnen das bei der Entscheidungsfindung.
Wenn Ihnen das zu lang dauert, können Sie auch mich fragen :)
Und was muss ich jetzt tun?
Aaaalso - falls jetzt prinzipiell Interesse besteht, Ihr Hund gesund und älter als 2 Jahre ist, mehr als 20 kg wiegt und nicht mit einem Bulldozer in eine tierärztliche Praxis gebracht werden muss,
können Sie sich bei Ihrem Tierarzt oder einer grösseren Klinik in Ihrer Umgebung melden. Dort werden Sie sicherlich die nötigen Informationen bekommen oder - falls Sie es ernst meinen und sich sicher sind, dass Sie nicht
beim ersten Blutstropfen ohnmächtig werden - gleich einen Termin für die Erstuntersuchung ausmachen. Wenn Sie in meiner näheren Umgebung wohnen, dass heisst in München oder
drumherum, wäre dies ein nützlicher Link für Sie:
Es geht los ...
Bei der "Eignungsuntersuchung" wird Ihr Hund auf Herz und Nieren geprüft. Erst wird gewogen, dann wird Blut genommen, das dann klinisch-chemisch sowie
auf Blutparasiten untersucht wird. Dann wird noch getastet und erfühlt, Fieber gemessen und überall reingeschaut. Falls alle Ergebnisse negativ sind - freuen Sie sich - Ihr
Hund ist gesund und darf sich jetzt Blutspender nennen. Haben Sie sich dazu entschieden, dabei zu bleiben, wird diese Untersuchung jährlich wiederholt.
Übrigens sind diese Untersuchungen für Sie kostenlos - im Normalfall kosten die einen Haufen Geld :)
Und dann?
Vermutlich wollte der diensthabende TA nicht nur den Namen von Ihrem Hund wissen, sondern auch den Ihrigen. Da in den heutigen Zeiten ein Handy
ja schon usus ist, werden Sie ihm diese Nummer auch angegeben haben. Bei einem eintretenden Notfall werden Sie dann umgehenst angerufen. Bitte beachten Sie - nicht jede
Klinik hat eine Blutbank, d. h. in den meisten Fällen wird Blut gespendet, wenn es benötigt wird - und Notfälle halten sich an keine Uhrzeiten. Also wenn SIE einen
Schlaf haben, der komaähnlich ist oder Ihr Chef ohne Sie in 1-2 Stunden den Kopierer crashed und Sie das dann ausbaden müssen, sollten Sie sich das nochmals überlegen.
Der Anruf!
Wenn dann der Anruf kommt - werfen Sie sich Ihr Cape um, satteln die Pferde und machen Sie sich mit Ihrem Hund auf den Weg in die entsprechende Klinik oder Praxis.
Sie werden sowieso schon
erwartet und dann gehts auch schon los. Zunächst wird Ihr Hund geschoren, also wird er für evtl. Ausstellungen für einige Zeit nicht mehr zu gebrauchen sein. Bei der Blutentnahme
kann dann Ihr Hund wahlweise in Seiten- oder Sternallage liegen oder sitzen. Die Blutentnahme erfolgt beim Hund bevorzugt aus der Vena jugularis (die dicke Vene am Hals) unter Ausnutzung
der Schwerkraft. Dabei werden ca. 10 ml Blut pro kg Hund abgenommen, u. U. auch mehr. Machen Sie sich keine Sorgen, das sieht nach richtig viel Blut aus - aber er
wird danach mit einem Satz vom Tisch springen und sofort wieder Futter jeder Art aufnehmen können. Nach ca. 30 Minuten ist alles vorbei, als Belohnung gibt
es einen Sack Futter für Ihren Hund - und Sie können wieder schlafen gehen :)
Und so wars bei uns:
Erst mal richtig hinsetzen
Wo war gleich die Vene?
Und so siehts aus, wenn die Schermaschine ihr Werk getan hat...
... damit man das trifft, was man treffen will :)
Sitz, passt und hat Luft
Frauchen muss auch guggen...
Wenn die eine Vene nicht mehr will, gehts da auch *deut*
*pieks*
Riesenteam
Noch verbinden ...
... und ein Leckerchen - schon vorbei :)
Ich danke dem Team der Tierklinik Oberhaching für die freundliche Genehmigung der Veröffentlichung
der Fotos sowie Chris fürs tapfere fotographieren!
Sie möchten so richtig mehr wissen?
Nachdem ich die Weisheit nicht mit Löffeln gefuttert habe, bemühte ich google.de ... leider sind die meisten Info´s zu Blutspenden nicht sehr ergiebig,
und die meisten Fragen werden nicht beantwortet. Ich habe hier auszugsweise aus einer Dissertation zitiert, und wer es dann noch genauer wissen will,
möge dem unten stehenden Link folgen :)
Kriterien für eine Transfusion - wann werden Transfusionen benötigt?
Das Ziel der Transfusionstherapie ist die Behandlung von Anämien, hämostatischen Dysfunktionen,
Hypovolämie, Hypoproteinämie, Neutropenie oder einer Kombination dieser Zustände. Objektive Richtlinien für die Indikationen zur
Applikation der einzelnen Blutkomponenten existieren bisher nicht. Die Beurteilung der Notwendigkeit
einer Transfusion beruht auf einer Kombination aus Anamnese, klinischen Befunden und Laborwerten.
Erythrozyten-Produkte werden immer dann benötigt, wenn die Erythrozyten-Zahl so niedrig
ist, dass eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Organismus nicht mehr gewährleistet ist. Ob eine
Erythrozyten-Transfusion notwendig wird, hängt von Faktoren
wie der Ursache und Schwere der Anämie, einem zu erwartenden weiteren Blutverlust, alternativen
Behandlungsmöglichkeiten und der Dauer des Bestehens der Anämie ab. Es sollten auch der Herz-Kreislaufzustand des Tieres, eine
mögliche physische Beanspruchung (beispielsweise in Form einer Anästhesie) und der generelle
Gesundheitszustand des Hundes bei der Entscheidung über eine Transfusion bedacht
werden.
Nach CRYSTAL und COTTER (1992) sollten Hunde mit akuten Blutungen Transfusionen
von Erythrozyten-Produkten erhalten, wenn sie mehrere der nachfolgend genannten Parameter
erfüllen:
akuter Verlust von mehr als 30% des Blutvolumens (etwa 30 ml/kg)
verringerter zentralvenöser Druck (0 cm Wassersäule)
Daneben gibt es noch weitere Systeme zur Ermittlung der Notwendigkeit einer Transfusion.
Blutgruppen - gibts das bei Hunden auch?
Blutgruppen sind Glykolipide und Glykoproteine auf der Oberfläche der Erythrozytenmembranen. Beim Hund sind bisher mehr als 12 verschiedene Blutgruppensysteme
bekannt, die zunächst mit Buchstaben (A, B, C, D, E, F, G, J, K, L, M, N, Tr, O, He) bezeichnet
wurden und heute mit DEA (Dog Erythrocyte Antigen) gefolgt von einer Nummer benannt
werden. Ein Hund kann für jede dieser Blutgruppen positiv oder negativ sein. Eine
Ausnahme bildet das DEA 1-System, da es sich aus den verschiedenen Allelen DEA 1.1 (A1),
DEA 1.2 (A2) und dem erst kürzlich in Australien entdeckten A3 zusammensetzt. Ein Hund kann entweder für einen dieser 3 Subtypen positiv oder für alle 3
negativ sein. Die 3 Subtypen kommen also nicht zusammen bei einem Tier vor.
Hunde besitzen keine klinisch bedeutsamen, natürlich vorkommenden Antikörper gegen andere
Blutgrupppen. Es können jedoch Antikörper nach Sensibilisierung durch inkompatible
Transfusionen gebildet werden, die bei erneuter Transfusion zu Inkompatibilitätsreaktionen
führen können. Die Blutgruppe DEA 1.1 scheint am stärksten antigen zu sein und ist klinisch
am bedeutendsten.
Spenderauswahl - ist mein Hund geeignet?
Hunde, die Blut spenden sollen, müssen einige Voraussetzungen erfüllen. Potentielle Blutspender
müssen blutgruppentypisiert und auf ihren Gesundheitszustand und potentielle Infektionskrankheiten
untersucht werden. Blutspender müssen regelmässig gegen
Staupe, Hepatitis, Leptospirose, Tollwut und Parvovirose geimpft und gegen Endo- und Ektoparasiten behandelt werden.
Da Vakzinationen zu einem unerwünschten Abfall der Thrombozytenzahlen
führen können, sollten Blutspender nach Meinung von einigen Autoren nicht kurz vor einer Spende vakziniert werden. So
sollten Blutspender regelmässig klinisch untersucht werden. Ausserdem sollten hämatologische
und klinisch-chemische Laboruntersuchungen, Urin- und Kotuntersuchungen durchgeführt
werden. Verschiedene Autoren verlangen, dass die Spender auf Infektionserreger, die über das
Blut übertragen werden können, mittels serologischer Verfahren getestet werden müssen. Dabei
soll die Kombination der Tests je nach geographisch unterschiedlicher Bedeutung der Infektionen
variiert werden. Zusätzlich wird von einigen Autoren verlangt, dass
Blutspender nie zuvor trächtig gewesen sind und selber nie eine Transfusion erhalten haben
dürfen, da durch eine vorausgegangene Exposition gegenüber Fremdantigenen eine Antikörperbildung
erfolgen kann. Um die Blutspende zu erleichtern, sollten
Blutspender ein ruhiges Temperament besitzen.
Quelle: Reitemeyer S. Etablierung moderner Methoden der Transfusionsmedizin beim Hund an einer Kleintierklinik. Diss. med. vet., Berlin 2000.